Montag, 28. Juli 2014

Kindertraining am Blutsee

Am Sonntagnachmittag steht die Fahrt an den bei Ibarra gelegenen "Blutsee" auf dem Programm. Den Erzählungen nach kam es hier zu einer blutigen Auseinandersetzung zwischen den eindringenden Inkas und den damals hier lebenden Völkergruppen. Die Geschlagenen sollen in diesem See versenkt worden sein... Rund um und auf dem See treffen wir viele touristische Attraktionen und Naherholungsangebote an. Diese reichen von indianischem Markt über Kart- und Autorennpiste zu Pedalofahren, Kinderspiel- und Golfplätzen. Nachher gibt's ein Mittagessen in einem Restaurant mit live Musik (der Alleinunterhalter im touritenfängerisch anmutenden Indianer- und Inkagewand heisst so, weil er vor allem sich selbst unterhält). Einige Teammitglieder lassen's sich nicht nehmen und bestellen nach gefühlten zwei Jahren endlich wieder einmal Pasta - etwas, was hier zwischen Reis und Kartoffeln einfach verloren geht...
Am Nachmittag fahren wir zu einem Kinderheim, das ebenfalls an diesem "Blutsee" gelegen ist. Da unterwegs ein indianisches Sonnenfest stattfindet, wird der eigentlich vierminütige Weg vom Restaurant zum Heim zu einer halbstündigen Geduldsprobe. Phasenweise steht unser Bus inmitten anderer Autos - ohne Chauffeur, da dieser spontan entscheidet, die Verkehrssituation direkt vor Ort mit den anderen Verkehrsteilnehmenden zu besprechen. Ein grandioses Schauspiel, allerdings verhältnismässg ruhig und besonnen in sêiner Choreografie. So richtig ecuadorianisch halt. Im Kinderheim angekommen treffen wir ein schier ausgestorbenes Dorf von mehreren Häusern an. Wer nun Kinderlärm und spielende Knirpse erwartet hat, wird enttäuscht. Drei Kinder belegen den Spielplatz in der Mitte des Areals, mehr gibt's nicht. Zwei Leiterinnen stossen nach zweimaligem Hupen zu uns. Sie erklären, dass ein grosser Teil der über Hundert Kinder und Jugendlichen bis Ende August in den Ferien seien - bei Verwandten oder den Eltern. Es sei nur ein kleiner Teil hier und die meisten davon vergnügten sich am Sonnenfest im Dorf... Nun, wir nehmen das zur Kenntnis. Der neu ausgebildete ecuadorianische Trainer, Manuel, der das Training leiten wird, scheint nicht unglücklich darüber zu sein. Seine Nervosität ist gross, wir versuchen ihn aber etwas zu beruhigen. Mit den fünf, sechs Kids sollte dies doch wirklich eine lösbare Aufgabe sein...
Wir lassen uns durchs Areal führen, die Frauen nehmen sich Zeit, die Arbeitsweise und den Aufbau dieses grossen und gepflegten SOS-Kinderdorfes zu erklären. Uns fasziniert die Aufgabe dieser Frauen, die je ein Haus mit 7-9 Kindern und Jugendlichen als Pfegemutter betreuen. Anschliessend geht's auf den Trainingsplatz. Auf unserem Rundgang sind doch noch weitere fünf, sechs Kids aufgetaucht. Einem gemütlichen Floorballtraining steht nichts mehr im Weg. Nun passiert aber etwas, was auch die hartgesottenen und einsatzerprobten Teammitglieder kaum erwarten: innerhalb einer Minute strömen Kinder und Jugendliche aus allen Häusern und Löchern, manchmal auch aus dem Nichts, auf den Platz. Einige kaum älter als vierjährig, andere in robustem Jugendalter. Innerhalb kürzester Zeit wird Trainer Manuel mit etwa vierzig Neuankömmlingen überrascht...
Für einen kurzen Moment müssen wir ihm unter die Arme greifen, damit er nicht die Orientierung verliert. Die Disziplin lässt zu wünschen übrig. Den Kindern ist anzumerken, dass sie aus sehr schwierigem Elternhaus kommen. Aber nach einigem Kontaktaufnehmen und dem obligatorischen "Komm-Schlag-ein", ist das Vertrauen da und entsprechend filtern sich auch die "Schlüssel-Zappler" heraus, die alsdann in 1:1-Betreuung auf ihre Aufmeksamkeitsdosis gebracht werden können. Was für ein freudvolles Training! Die Kinder sind mit jeder Minute herzlicher und herziger - einige Teammitglieder spielen sogar mit dem Gedanken, das eine oder andere von ihnen im grossen Zeltsack mit in die Schweiz zu nehmen. Nach einem langen Verabschiedungsprozedere geht's zurück zum Hotel. Wir sind glücklich, sehr glücklich, diese Kinder getroffen zu haben und hoffen, dass in einem nächsten EInsatz auch einige Leiter aus diesem Kinderheim zum Trainerkurs kommen und so mit dem Floorballvirus infisziert werden - die Kids haben die erste Injektion jedenfalls schon erhalten.
Heute führen wir unsere Regenerationstage weiter mit einem Besuch eines Schwimmbades und dem anschliessenden Kindertraining bei einem Kinderhilfswerk. An unsere peruanischen und nebelgebeutelten Freunde (http://floorballperu2014.blogspot.com) schicken wir einen Sombrero voll Sonne (aus Anlass des hiesigen Sonnenfestes). Hasta luego, amigos!

Da waren's noch eine Handvoll...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen